02
November
2021
|
10:32
Europe/Berlin

Energiesysteme werden nicht über Nacht verändert

Zusammenfassung

Im Gespräch mit Malin Dahlroth, Head of Business Development bei Uniper in den nordischen Ländern

Gesellschaftliches Engagement ist der rote Faden

Malin Dahlroth vermittelt einen entschlossenen und zielstrebigen Eindruck. Sie ist in einer Zeit Head of Business Development bei Uniper in den nordischen Ländern, in der sich das Unternehmen in einer traditionell sehr konservativen Branche schneller entwickelt, als dies seit langem der Fall war. Die klassische Rolle der Stromerzeuger ändert sich, und der Fokus von Uniper richtet sich nun auf weitere Bestandteile des Energiesystems.

Das Ziel besteht immer noch darin, stabile Energie bereitzustellen, die zudem nicht aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Das kann aktuell alles bedeuten: von der Entwicklung von Energiespeicherlösungen bis hin zur Herstellung von Wasserstoff. Besonders Wasserstoff hat großes Potenzial, die Lücke zwischen aus fossilen Brennstoffen gewonnener Elektrizität auf der einen und dem Industrie- und Schwerlastverkehr auf der anderen Seite zu schließen.

Ein komplettes Energiesystem zu verändern, geschieht nicht über Nacht, und die geschäftliche Entwicklung von Uniper erfordert Motivation, Innovation und eine außerordentlich positive Einstellung. Wer also ist Malin Dahlroth, und wie sah die Entwicklung aus, die dazu führte, bei einem der größten Energieunternehmen Schwedens für die Geschäftsentwicklung verantwortlich zu sein?

Dahlroths Karriere begann im Gesundheitswesen, wo sie in der Thorax-Intensivstation des Karolinska-Krankenhauses in Stockholm arbeitete.

– Mich sollten Sie auf jeden Fall greifbar haben, wenn Sie an Herzproblemen leiden, meint Dahlroth scherzhaft, aber auf eine solche Weise, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie meint, was sie sagt.

Dahlroth schlug dann einen anderen Weg ein und wurde nach ihrem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften Steueranwältin. Sie arbeitete außerdem als Steuerfahnderin und ist von der Polizeiakademie darin geschult, Verhöre zu führen. Ihr stand eine Zukunft als Staatsanwältin bevor, hätte E.ON sie nicht als Steuermanagerin für E.ON Schweden rekrutiert. Dahlroth war fünf Jahre lang CFO von Uniper Schweden, bevor sie ihre derzeitige Rolle als Business Development Manager für Uniper in den nordischen Ländern antrat.

– Der rote Faden in meinem Leben war immer der Wunsch, das Richtige zu tun und zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung beizutragen, sei es im Gesundheitswesen, in der Wirtschaftskriminalität oder bei Energiesystemen. Das spannendste an meinem aktuellen Job ist, dass ich mich einbringen und zum zukünftigen nachhaltigen Energiesystem beitragen kann, das nicht mehr auf fossilen Brennstoffen beruht. Das ist zur Bewältigung der aktuellen Klimaherausforderung für uns ganz entscheidend, betont Dahlroth.

Malin Dahlroth, Head of Business Development bei Uniper in den nordischen Ländern.

Wasserstoff ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Übergang

Für Dahlroth ist das Klima eine ganz entscheidende Angelegenheit, und das Energiesystem ist sowohl Teil des Problems als auch Teil der Lösung. Sie selbst fährt ein Hybridelektrofahrzeug, hätte aber gerne ein komplett elektrisch betriebenes Fahrzeug gehabt – wenn nur die Ladeinfrastruktur vorhanden gewesen wäre. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie jeder Teil der Kette für das Funktionieren des großen Ganzen entscheidend ist. Uniper hat zwar nicht mit Ladestationen zu tun, arbeitet aber an Lösungen, um die schwedische Prozessindustrie von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen. Ein Teil der Lösung angesichts dieser Herausforderung ist Wasserstoff.

– Die Klimaziele innerhalb der EU und in Schweden sind ehrgeizig, und Wasserstoff ist ein Wegbereiter für ihre Umsetzung. Kurz- bis mittelfristig ist es vor allem die Industrie, die Wasserstoff benötigt, um ohne fossile Brennstoffe auszukommen. Eines unserer Wasserstoffprojekte ist Project Air, das in Zusammenarbeit mit Fortum und dem Chemieunternehmen Perstorp läuft. Um nachhaltige Produkte herzustellen, muss Perstorp sein industrielles Verfahren durch nachhaltiges Methanol ersetzen. Uniper hat hier die Aufgabe, für diesen Prozess Wasserstoff bereitzustellen, der nicht auf fossilen Brennstoffen beruht, so Dahlroth.

Auch Schwerlasttransporte können von einem solchen Wasserstoff profitieren. Es ist eine Sache, den Individualverkehr auf Elektrofahrzeuge umzustellen, aber eine ganz andere, ein 70-Tonnen-Holzfahrzeug oder ein 200.000 Tonnen schweres Schiff elektrisch zu betreiben. Dort werden weiterhin Flüssig- oder gasförmige Brennstoffe vorherrschen. Mithilfe von Wasserstoff lassen sich sogenannte elektrische Brennstoffe herstellen. Zusammen mit abgeschiedenen biogenen Kohlendioxidmolekülen, etwa aus der Forstindustrie, kann das Gas dann in Flüssigbrennstoff umgewandelt werden. Uniper hat in die Firma Liquid Wind investiert, die an der Entwicklung einer elektrischen Brennstoffanlage in Örnsköldsvik arbeitet. Die Kosten sind zwar immer noch höher als für die auf fossilen Brennstoffen beruhenden Alternativen, doch hat Dahlroth einen Trend festgestellt.

– Die großen Unternehmen haben den Punkt überschritten, an dem sie die billigste Alternative ohne Berücksichtigung von Klimazielen wählen konnten. Die Unternehmen sind klar gefordert, ihre Klimabilanz zu verbessern – für uns geht es deshalb nun darum, die wettbewerbsfähigste Alternative ohne fossile Brennstoffe zu sein. Und entweder steigt man jetzt in den Zug, wenn Übergangshilfen und Investitionszuschüsse beantragt werden können, oder man bleibt am Bahnhof, betont Dahlroth.

Beim Projekt BotnialänkenH2 in Luleå arbeitet Uniper mit dem Port of Luleå und ABB zusammen, um eine Anlage für die Wasserstoffproduktion zu errichten, die sowohl von der lokalen Industrie genutzt als auch international exportiert werden kann. Uniper arbeitet mit dem Port of Wilhelmshaven in Deutschland und dem Port of Rotterdam in den Niederlanden zusammen, die beide an die europäische Gasinfrastruktur angeschlossen sind. Auf diesem Wege kann der ohne fossile Brennstoffe in Schweden erzeugte Strom auf weitere Art und Weise zum Rest des Kontinents gelangen.

In Schweden geht man davon aus, dass Wasserstoff in der Prozessindustrie in erster Reihe eingesetzt werden kann, z. B. zur Herstellung von Stahl ohne Einsatz von fossilen Brennstoffen. Schwerlasttransporte, die nur schwer auf Elektroantriebe umgestellt werden können, sind ein weiterer Bereich mit großem Potenzial. Ein dritter Bereich ist die Nutzung von Wasserstoff, um Spitzen und Senken im Elektrizitätsnetz auszugleichen.

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Uniper produziert bereits Wasserstoff

Der Zugang zu Strom, der ohne fossile Brennstoffe erzeugt wird, ist Voraussetzung dafür, überhaupt Wasserstoff einzusetzen. Und in dieser Hinsicht hat Uniper einen klaren Vorteil. Das Unternehmen ist für bis zu einem Fünftel der schwedischen Stromproduktion verantwortlich und verfügt über eine Reihe von Anlagen im ganzen Land, die hauptsächlich auf Kernkraft und Wasserkraft beruhen.

– Nicht vielen ist bekannt, dass Uniper bereits Wasserstoff in Schweden produziert. Die Anlage befindet sich im OKG-Kernkraftwerk außerhalb von Oskarshamn im Südosten Schwedens und hat eine Kapazität von 0,7 MW, so Dahlroth.

Der Strommarkt wird mehr Flexibilität benötigen

Der schwedische Strommarkt hat sich in den letzten zehn Jahren grundlegend verändert. Er entwickelte sich von einem System mit großen und planbaren Produktionsressourcen, die sich an Wasserkraft und Kernkraft ausrichten, zu einem deutlich volatileren und dezentralisierten System mit großen Anteilen an wetterabhängiger Stromerzeugung. Dahlroth beschreibt, wie Uniper auf strukturierte Weise daran arbeitet, neue Geschäftsmöglichkeiten in einem Markt zu finden, in dem Wertschöpfung nicht mehr nur an Energie, sondern auch an Stabilität und Flexibilität gemessen wird.

– Wir überlegen ständig, wie unsere bestehenden Anlagen für neue Zwecke genutzt werden können. Flexibilität ist der Schlüssel zur Stabilisierung des Elektrizitätsnetzes und zur Bewältigung der zunehmenden Einspeisung aus volatiler Stromerzeugung, erklärt Malin.

Die politische Führung muss einen Schritt nach vorn machen

Der Weg hin zu einer Gesellschaft ohne fossile Brennstoffe erfordert eine klare politische Führung. Es muss eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft geben. Die Technologien, die Teil der Lösung sein werden, sind in vielen Fällen noch unausgereift und während einer Übergangsphase auf Unterstützung angewiesen. Wasserstoff ist eine solche Technologie.

– Die politische Führung muss in Sachen Wasserstoff einen Schritt nach vorn machen. Schweden hinkt bei der Entwicklung von Wasserstoff hinterher und muss zu vielen seiner Nachbarländer aufholen. Auf EU-Ebene werden enorme Summen in die Entwicklung von Wasserstoff investiert, und schwedische Politiker müssen aktiv in die Unterstützung der Wirtschaft involviert sein, damit Schweden die verfügbaren Mittel nutzen kann. Ohne die richtigen Bedingungen werden wir und andere nicht in Schweden investieren können, sagt Dahlroth in aller Deutlichkeit.

Es nur allzu verständlich, warum Dahlroth ihren Job mag. Nur wenige haben das Privileg, ein großes Energieunternehmen mit auf den Weg zu nehmen, der in einigen Jahrzehnten die auf fossilen Brennstoffen beruhende Grundlage der Volkswirtschaft abgelöst und durch etwas Neues ersetzt haben wird – was noch zu entwickeln ist.

Für den Rest von uns dient Dahlroths Geschichte als Inspiration. Es mag vielleicht nicht so wichtig erscheinen, einem klaren Pfad zu folgen, wenn man immer einen starken inneren Kompass und Antrieb hat, die den Weg weisen. Im Falle Dahlroths führte diese treibende Kraft den ganzen Weg von der Thorax-Intensivstation des Karolinska-Krankenhauses zu einem Job, die Teil des Wandels des gesamten schwedischen Energiesystems ist.

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Wasserstoff in Schweden

Schweden hinkt der globalen und europäischen Wasserstoffentwicklung hinterher. Bislang gibt es keine gut ausgearbeitete Strategie für Wasserstoff in Schweden. Die Regierungsinitiative „Ein Schweden ohne fossile Brennstoffe“ hat 2020 eine Wasserstoffstrategie entwickelt, welche nun die Grundlage für die Arbeit bildet, die die schwedische Energieagentur im Auftrag der Regierung für die Entwicklung einer schwedischen Wasserstoffstrategie leistet. Die Strategie wird im Herbst 2021 vorgestellt.

 

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