Das Kraftwerk Grain – ein innovativer Standort

Das Kraftwerk Grain in Isle of Grain in Kent verfügt über die neueste Gas- und Dampfturbine (GuD-Turbine) im britischen Portfolio von Uniper und wurde 2011 in Betrieb genommen. Das aktuelle Kraftwerk ersetzte das in den 70er Jahren in Betrieb genommene ölgefeuerte Kraftwerk Grain-A mit 1320 MW, das 2012 gemäß der EU-Richtlinie über Großfeuerungsanlagen außer Betrieb genommen wurde. Es konnte einst den zweithöchsten Schornstein im Vereinigten Königreich vorweisen. Dieser war höher als 55 übereinandergestapelte Doppeldeckerbusse und zweieinhalb mal so hoch wie der Turm mit Big Ben. Und bei dessen Abriss 2016 war es offiziell das größte Bauwerk, das jemals im Vereinigten Königreich abgerissen wurde!

Heute ist das Kraftwerk Grain ein modernes und effizientes erdgasbefeuertes Kraftwerk mit einer 1365-MW-GuD-Turbine und drei Blöcken, die genug Strom für rund eine Million Haushalte erzeugen. Es wird auch mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) betrieben. Seine Blöcke können bis zu 340 MW thermische Energie über Doppelkondensatoren extrahieren, die dann in Form von heißem Kondenswasser genutzt werden. Die Prozesswärme wird für den Betrieb der Verdampfer am nahegelegenen National Grid Grain LNG Terminal verwendet, wo Flüssig-Erdgas wieder in Gas umgewandelt wird.

Teil der Dekarbonisierung im Vereinigten Königreich

2020 hatte Uniper vier Verträge mit einer Laufzeit von sechs Jahren von der National Grid ESO über Dienstleistungen für Frequenzregelung und Spannungssteuerung in Phase 1 des Programms „Stability Pathfinder“ erhalten. Diese gelten für zwei unserer Kraftwerkstandorte, darunter auch Grain.

Traditionell wurden Dienstleistungen zur Netzstabilität neben der Stromerzeugung aus konventionellen Kraftwerken erbracht. Viele dieser Anlagen gehen allerdings in den Ruhestand, was die Aufrechterhaltung der Netzstabilität für National Grid ESO schwieriger macht. Durch die Art und Weise, wie erneuerbare Energien erzeugt und ins Netz eingespeist werden, können sie keinen vergleichbaren Beitrag zur Netzstabilität leisten. 

In Zusammenarbeit mit Siemens Energy hat Uniper für jede ihrer bisherigen konventionellen Erzeugungsanlagen eine maßgeschneiderte Lösung entwickelt. So kann Uniper die gleichen netzstabilisierenden Dienstleistungen für National Grid ESO anbieten, ohne dass Strom erzeugt werden muss. Die von Uniper angebotenen Dienstleistungen werden einen wichtigen Beitrag zur Energiewende im Vereinigten Königreich leisten. Unsere Anlagen gewährleisten die Netzstabilität und Versorgungssicherheit und ermöglichen gleichzeitig die Integration von mehr erneuerbaren Energien in das Energiesystem. Durch die Entwicklung dieser innovativen Lösungen am Standort Grain nimmt Uniper eine Vorreiterrolle auf diesem Markt ein und demonstriert anhaltendes Engagement, die Herausforderungen einer CO₂-freien Energiezukunft zu meistern. Die beiden neuen synchronen Kondensatoreinheiten befinden sich in der Bauabschlussphase auf dem Gelände des alten ölgefeuerten Kraftwerks und werden an das bestehende Netz angeschlossen. Die Einheiten werden voraussichtlich im Frühjahr 2022 in Betrieb gehen.

Die Zukunft – Übergang zur Klimaneutralität

Mit Blick in die Zukunft wird das Kraftwerk Grain mit Sicherheit ein großer Teil der Geschichte von Uniper sein. Unser Ziel ist es, unser europäisches Energieerzeugungsportfolio bis 2035 klimaneutral zu gestalten. 2020 haben wir eine langfristige Kooperationsvereinbarung mit General Electric (GE) unterzeichnet, um gemeinsam Lösungen zur Dekarbonisierung unserer Kraftwerke und Gasspeicheranlagen zu entwickeln. Dazu gehören auch Upgrades und FuE-Programme am Standort Grain, einschließlich der Verwendung von Wasserstoff als kohlenstoffarme Alternative zu Erdgas in unseren erdgasbefeuerten Anlagen. Zunächst haben wir im Dezember 2021 in Grain mit GE eine Wasserstoffstudie zur weiteren Untersuchung gestartet. Dieses Unterfangen hat das Potenzial, die zukünftige Stromerzeugung an diesem Standort zu dekarbonisieren.

Unsere Initiative „Making Net Zero Possible“ wurde zur Untersuchung von Möglichkeiten zur Klimaneutralität unserer Stromerzeugungs-Flotte bis 2035 ins Leben gerufen. In diesem Rahmen wurden Machbarkeitsstudien zur Entwicklung eines Projekts zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff (CCS)** im Kraftwerk durchgeführt. Unsere Pläne zielen auf die Nachrüstung von Technik zu CO₂-Abscheidung nach der Verbrennung ab. Das CO₂ wird dabei per Schiff oder Pipeline an einen dauerhaften Offshore-Lagerort transportiert. Dadurch werden Möglichkeiten geschaffen, durch die das Kraftwerk Grain weiterhin Strom mit geringeren CO₂-Emissionen bis in die 2030er Jahre erzeugen kann.

Uniper ist außerdem Teil des Cavendish-Projekts, einer Partnerschaft zwischen Uniper, SSE Thermal, Shell, National Grid Ventures, VPI und Arup. Durch das Projekt soll eine kohlenstoffarme Wasserstoffproduktionsanlage mit Kohlenstoffabscheidung und-Speicherung in Isle of Grain entwickelt werden. Das Ziel ist es, das Betriebsvolumen der Wasserstoffproduktionsanlage phasenweise zu erhöhen – von einer ersten 700-MW-Anlage ab Ende 2026 mit bis zu 1,2 Mio. Tonnen abgeschiedenem und gespeichertem CO₂ pro Jahr bis hin zu möglicherweise 7,4 GW bis 2040.

Für Uniper stellt das Cavendish-Projekt eine der möglichen Optionen dar, die derzeit für unser Kraftwerk am Standort Grain geprüft werden. Grain könnte möglicherweise einer der Standorte für die kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion sein und schließlich auch den erzeugten Wasserstoff verwenden, um Erdgas als Brennstoffquelle zu ersetzen.

Wir sind bestrebt, Möglichkeiten zu finden, unsere europäische Stromerzeugung bis 2035 klimaneutral zu gestalten. Das Kraftwerk Grain könnte bei der Einführung der dafür erforderlichen Technologie eine Vorreiterrolle einnehmen. Damit setzen wir unsere Tradition zuverlässiger Stromerzeugung und Innovation in Isle of Grain fort.

Anmerkungen

* Frequenzregelung mag in Bezug auf das Stromnetz ein unbekannter Begriff sein, aber insbesondere in Bezug auf Energie bedeutet Trägheit die in Generatoren und Turbinen von Kraftwerken gespeicherte Energie, die sich mit einer Frequenz von 50 Hz drehen – dieselbe Frequenz wie die des Stromsystems in Großbritannien. Diese wird vom Energiesystem benötigt, um die Rate von Netzfrequenzänderungen zu verringern, da schnelle Änderungen zu Instabilität im System führen können, wenn der Strombedarf die Stromversorgung übersteigt oder wenn das System mit zu viel Strom versorgt wird. Wenn dadurch ein bestimmter Grenzwert überschritten wird, kann dies dazu führen, dass Anlagen und Haushaltsgeräte vom Netz getrennt oder beschädigt werden, oder dass es Stromausfällen kommt. Es mag also nicht jeder mit dem Konzept vertraut sein, aber es ist durchaus eine unerlässliche Dienstleistung. Und dass Sie nicht damit vertraut sind, heißt nur, dass es funktioniert.

** CO₂-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) umfasst die Entfernung und das Einfangen von Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus Industrie- und Kraftwerksemissionen, wonach es zur sicheren unterirdischen Lagerung, oft in Grundwasserleitern oder erschöpften Öl- und Gasfeldern, abtransportiert wird.

CCUS bezeichnet ebenfalls die Abscheidung und -Speicherung von Kohlenstoffdioxid, wobei sich das „U“ jedoch auf die Nutzung (Utilisation) des abgeschiedenen CO₂bezieht. Das abgeschiedene CO₂ kann für eine Vielzahl industrieller Anwendungen genutzt werden, z. B. für die Produktion von synthetischem Brennstoff und kohlenstoffarmen Baumaterialien oder in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie.