22
Dezember
2022
|
00:00
Europe/Berlin

„Ammoniak ist die sinnvollste Option“

Zusammenfassung

Uniper plant unter dem Namen „Green Wilhelmshaven“ an der Nordsee den Bau eines Hubs für grünen Wasserstoff. Einerseits soll der Energieträger dort in Form von Ammoniak importiert werden, andererseits ist auch eine Wasserstoffproduktion vor Ort geplant. Christian Stuckmann, Leiter Geschäftsentwicklung Wasserstoff bei Uniper, berichtet über die Hintergründe und den Stand des Vorhabens.

Was ist die Idee hinter Green Wilhelmshaven?

Wir haben das Projekt vor zwei Jahren gestartet. Damals haben wir uns überlegt, welche Art von Infrastruktur am besten zu unseren Dekarbonisierungszielen passt, und verschiedene Szenarien betrachtet. Für die Versorgung unserer Volkswirtschaft mit CO2-freien Energieträgern steht Wasserstoff natürlich ganz oben – neben der direkten Elektrifizierung. Allerdings wird die inländische Erzeugung dafür bei Weitem nicht ausreichen, sodass wir den Großteil in Form von grünem Ammoniak importieren müssen. Dazu soll Green Wilhelmshaven einen wichtigen Beitrag leisten.

 

 

Wie ist der aktuelle Stand des Projektes?

Wir sind derzeit in der Konzeptphase. 2025 wollen wir eine Investitionsentscheidung treffen und 2028 beginnen, Ammoniak zu importieren. Er wird zuerst über die Schiene verteilt. Im zweiten Schritt bauen wir dann einen Cracker, der den Ammoniak zerlegt, um Wasserstoff zu erzeugen.

Welche Rolle wird Green Wilhelmshaven für die künftige Energieversorgung Deutschlands spielen?

Das Terminal wird eine sehr wichtige Rolle spielen. 2030 soll der Wasserstoffbedarf in Deutschland bei 120 Terawattstunden liegen, von denen wir rund 80 Prozent importieren müssen. Wilhelmshaven würde also rund zehn Prozent dieses Importbedarfs decken, was sich aber auch auf 20 oder 30 Prozent steigern ließe.

Warum soll die Energie in Form von Ammoniak importiert werden?

Wir haben uns verschiedene Transportvektoren für den Import aus Übersee angesehen – neben Ammoniak unter anderem auch Methanol, flüssigen Wasserstoff und flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC). Die Frage war, welche Option aus technischer und ökonomischer Sicht am sinnvollsten ist. Nach unserer Abwägung der Kosten und Risiken stand Ammoniak ganz oben, denn es hat die höchste Energiedichte und lässt sich zu günstigsten Kosten synthetisieren. Zudem können wir auf eine Wertschöpfungskette zurückgreifen, die bereits seit vielen Jahrzehnten besteht. Dadurch sind das Handling und der Transport technisch erprobt. Das ist zum Beispiel bei LOHC und flüssigem Wasserstoff noch nicht der Fall: Wasserstoff muss man beispielsweise für Verflüssigung und Transport auf minus 253 Grad abkühlen, was heute im Industriemaßstab gar nicht möglich ist. Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens auch in den verschiedenen Erzeugungsländern. Dort ist Ammoniak die führende Technologie, wenn es um den Export von auf grünem Wasserstoff basierenden Energieträgern geht.

Was passiert mit dem Ammoniak nach der Anlieferung?

Er wird in Tanks gespeichert und teilweise für die direkte Nutzung zu Industriekunden weitertransportiert. Teilweise wird daraus mithilfe eines Crackers wieder Wasserstoff hergestellt, der dann über ein noch zu errichtendes Wasserstoff-Pipelinesystem in ganz Deutschland verteilt werden kann – analog zum Erdgas heute.

Woher kommt der Ammoniak für Green Wilhelmshaven?

Im Mittleren Osten, in Australien, in Nordamerika, in der nördlichen Sahara oder in Südamerika kann man grünen Wasserstoff sehr günstig mithilfe von erneuerbaren Energien herstellen. Diese Länder stellen sich natürlich die Frage: Wie können wir diese nachhaltige Energie am besten exportieren? Dabei zeigt sich immer wieder, dass Ammoniak die beste Option ist. Darum werden derzeit viele Ammoniak-Projekte in Abu Dhabi, in Oman, in Australien, in Indien und in Chile vorangetrieben.

Hat Uniper bereits Lieferverträge für Ammoniak abgeschlossen?

Wir haben bereits zahlreiche Vorvereinbarungen getroffen, zuletzt mit einem Exporteur aus Kanada. Mit anderen potenziellen Lieferanten laufen derzeit konkrete Verhandlungen.

 

 

Wie viel Ammoniak können Sie pro Jahr importieren?

Derzeit gehen wir von 2,6 Millionen Tonnen Ammoniak pro Jahr aus. Allerdings ist das im Prinzip beliebig skalierbar, sobald man einen Anleger für Schiffe und Fläche für Tanks sowie eine Schienen- beziehungsweise Pipelineanbindung hat, um Ammoniak und Wasserstoff weiter zu verteilen. Die Pipelineanbindung gibt es allerdings noch nicht. Es existieren zwar Pläne für ein paneuropäisches Wasserstoff-Transportnetz, aber es wird noch etwas dauern, bis es umgesetzt ist. Denn heute und auch in absehbarer Zeit werden die Pipelines noch für Erdgas genutzt, sodass wir derzeit mit dem Wasserstoff nicht zu unseren potenziellen Kunden kommen könnten.

Der Flaschenhals sind also die Pipelines und nicht die Anlandekapazitäten für die Schiffe?

Richtig, die Anlandekapazitäten kann man recht schnell herstellen. Und sie bestehen größtenteils sogar schon. Den Ammoniak kann man von dort ohne Probleme über die Schiene oder über die Binnenschifffahrt an Kunden liefern. Aber auf diese Weise können wir keinen grünen Wasserstoff dorthin bringen, wo man dekarbonisieren muss – also beispielsweise zu einem Stahlwerk. Darum verfolgen wir mit großem Interesse die neuen Initiativen in der nationalen Wasserstoffstrategie. Der Aufbau von Pipelineinfrastruktur ist essenziell und muss schnell passieren. Es braucht zunächst konkrete Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die große Wasserstoffquellen wie Green Wilhelmshaven mit Senken wie beispielsweise den energieintensiven Industrien in NRW verbinden.

 

 

Sie planen auch eine Elektrolyse-Anlage in Wilhelmshaven. Wie viel Wasserstoff wollen Sie damit selbst produzieren?

Wir rechnen derzeit mit 400 Megawatt Elektrolyse-Leistung in der ersten Ausbaustufe, die wir dann schnell auf ein Gigawatt und mehr erweitern können. Das entspräche zunächst rund 1,3 Terawattstunden Wasserstoff pro Jahr, im Vergleich zu etwa zwölf Terawattstunden, die wir über das Ammoniak importieren wollen. Es kann aber auch genauso gut mehr oder weniger sein, denn wenn man die Fläche und den Netzanschluss hat, kann man beliebig viele Elektrolyseure bauen – vorausgesetzt, es stehen Pipelines für den Abtransport des Wasserstoffs zur Verfügung.

 

Author

Christian Buck

Christian Buck ist freier Journalist. Seine Schwerpunkte: Energie, Mobilität, IT

Sie möchten über Neuigkeiten bei Uniper auf dem Laufenden bleiben? Abonnieren Sie hier:

This is not a valid email address.
This module is undergoing maintenance so the subscribe attempt failed. Please try again in one hour.