08
April
2021
|
00:00
Europe/Berlin

Was essen wir 2050?

Zusammenfassung

Die Bevölkerung auf der Erde wächst und der Klimawandel schreitet voran. Deswegen forschen Wissenschaftler an neuen Nahrungsquellen und alternativen Anbaumethoden. Wie wird sich die Landwirtschaft verändern und was wird in Zukunft auf unseren Tellern liegen?

Für 2050 rechnet die Welternährungsorganisation FAO mit einer Weltbevölkerung von rund 9,7 Milliarden Menschen – das sind zwei Milliarden mehr als heute. Das bedeutet, dass die Landwirtschaft in den kommenden 30 Jahren ihre Produktion mindestens verdoppeln muss. Denn nicht nur die Menschheit wächst, auch der Wohlstand nimmt zu. Und das wird zu einem deutlichen Mehrbedarf an Nahrung führen.

Aber um die Klimakrise nicht zu verschärfen, soll die Fläche, die für den Nahrungsmittelanbau benötigt wird, nicht größer werden. So sehen es wenigstens die Pläne der Vereinten Nationen vor. Die Herausforderung wird daher sein, auf weniger Platz deutlich mehr anzubauen – und gleichzeitig die Ressourcen zu reduzieren. Aber wie soll das gehen?

Die Produktion in die Städte holen

Das einfachste wäre, dort zu produzieren, wo der Endverbraucher lebt. Und das sind die Städte. 80 Prozent der Menschen werden in Zukunft in den Metropolen wohnen. Und genau dort setzt das Prinzip von „Urban Farming“ an. Die Idee dahinter ist, dass eine Stadt sich selbst ernährt. Viele Städte sitzen bereits an Masterplänen. Shanghai etwa rechnet mit einem Selbstversorgungsgrad von 60 Prozent bei Gemüse, 90 Prozent bei Eiern, und 90 Prozent bei Milch.

Möglich soll das etwa durch Dachfarmen werden. Andere Städte, wie Rotterdam, setzen auch auf „Floating farms“, bei denen Kuhställe kurzerhand aufs Wasser verlegt werden. Und eine der Schlüsseltechnologien könnten Indoor-Farmen werden, bei denen das Grünzeug auf dicht übereinanderliegenden Etagen angebaut wird und künstliches Licht die Sonne ersetzt.

Einer der Vorreiter in diesem Bereich ist das amerikanische Unternehmen „Plenty”. Seit seiner Gründung hat es 500 Millionen Dollar Venture Capital eingesammelt, unter anderem von Amazon-Gründer Jeff Bazos. Nach eigenen Aussagen kann das Unternehmen 400-mal mehr anbauen, als es in der traditionellen Landwirtschaft möglich ist, und das bei einem 95 Prozent niedrigeren Wasserverbrauch und ohne Pestizide zu verwenden.

Etwas kleiner, aber auch ziemlich clever, ist der Ansatz des Berliner Start-ups „Infarm“. Das Unternehmen baut direkt in Supermärkten und Restaurants kleine Anlagen, in denen Salate und Kräuter wachsen. Kürzer können die Wege kaum sein.

Fleisch, das nicht von Tieren kommt

Konventionelle Fleischproduktion, das ist nichts Neues, schadet Umwelt und Klima. Schon jetzt ist sie für ein Fünftel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich und verbraucht ein Drittel der weltweiten Agrarflächen. Und glaubt man den Prognosen der FAO, so wird sich der Fleischkonsum von derzeit rund 330 Millionen Tonnen im Jahr auf 455 Millionen jährlich bis 2050 erhöhen.

Aber ist das tatsächlich realistisch? Wahrscheinlich nicht. Denn der Zeitgeist schwenkt um - und selbst die großen Player erfinden sich neu. Das amerikanische Unternehmen „Tyson Food“, einer der weltweit größten Fleischproduzenten, investiert in großem Stil in die fleischlose Zukunft. „We are more than chicken. We're protein leaders“ lautet etwa der neue Claim des Unternehmens, das mit einer pflanzliches Produktlinie „Beyond Meat“ Konkurrenz machen will. Jener gehypten Firma aus Kalifornien, die es mit ihren fleischlosen Burger-Patties aus Erbsenprotein geschafft haben, ein Nischenthema zum Trend zu machen.

Steaks aus dem Reagenzglas

Eine weitere Alternative könnte In-vitro-Fleisch werden, das in Laboren aus Stammzellen gezogen wird. 60 Firmen arbeiten weltweit daran, es auf unsere Teller zu bringen. Fleisch ohne Tierleid, das das Problem des Welthungers löst: Die Versprechungen und Hoffnungen sind groß. Es wird aber noch dauern, bis wir das Hacksteak aus dem Labor auch in der Kühltheke finden. Der erste Laborburger, der 2013 in England vorgestellt wurde, kostete noch 250.000 Euro. Mittlerweile konnten die Produktionskosten schon drastisch reduziert werden. So könnten wir einen In-vitro-Burger für 10 Euro bekommen –  allerdings nur, wenn er in Masse produziert würde. Davon ist die Forschung noch Jahre entfernt. Immerhin wurde gerade in Singapur erstmals ein Fleischprodukt aus dem Labor zugelassen: die Chicken Nuggets vom US-Start-Up „Eat Just". Sie basieren auf Muskel- und Fettzellen von lebenden Tieren, die Hühnern in einer Biopsie entnommen wurden. Da fragt man sich dann doch wieder, wie es ums Tierwohl steht. Bis es die Nuggets auch in Europa zu kaufen gibt, könnte aber noch einige Zeit ins Land ziehen. Bisher gibt es noch keine Zulassungsanträge in der EU und die Genehmigungsprozesse könnten Jahre dauern.

Das große Krabbeln

Es gibt mehr als 2000 Insektenarten, die für uns essbar sind. Sie gelten nicht nur als gesunde, sondern auch als CO2-arme Nährstoffquellen. Als Proteinlieferant übertreffen Insekten Nüsse und Hülsenfrüchten. Und einige Heuschrecken enthalten mehr als doppelt soviel Eiweiß wie etwa Rind- oder Hühnerfleisch. Deswegen setzen viele auf die kleinen Krabbler, wenn es darum geht, die Menschheit in Zukunft satt zu kriegen.

Ob sich das durchsetzen wird? In vielen Ländern ist es eh schon Normalität. In 130 Ländern stehen sie bereits auf dem Speiseplan. Und selbst in Deutschland kann man bereits Heuschreckenriegel im Reformhaus oder der Drogerie kaufen. Schon probiert? Wahrscheinlich nicht. Aber was wäre, wenn man gar nicht erkennt, dass da Insekten drin sind? Das Kölner Start-up „Isaac Nutriton” bietet Insekten-Pasta und Protein-Pulver aus Insekten an. Da sieht man gar nicht mehr, was drin ist. Und das Auge isst ja schließlich mit.

Die Rettung aus dem Meer

Auch Algen und Quallen sind in den letzten Jahren in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Allein schon wegen der Annahme, dass das Frischwasser in den kommenden Jahrzehnten knapper, der Meeresspiegel aber steigen wird. Algen gelten als Nährstoffpakete, weil sie nicht nur viel Eiweiß, sondern gleichzeitig auch reichlich Vitamine enthalten. Bisher sind 200 Arten bekannt, die wir essen können.

Und das große Plus bei Quallen ist: Es gibt sie in Hülle und Fülle. Weil der Mensch ihre natürlichen Feinde wie etwa den Thunfisch vernichtet, können sie sich bestens vermehren. Und züchten kann man sie auch. Dänische Forscher haben nun ein Trocknungsverfahren entwickelt, bei dem den Tieren durch Alkohol Wasser entzogen wird. Das Ergebnis? Knackige Chips.

Wir wünschen guten Appetit.

 

 

Author

Franka Freiburg

Journalistin, Expertin für den Themenkomplex „Nachhaltiger Konsum“

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